Donnerstag, 20. Juli 2017

Tschüss 1a! Hallo 2a!

Haben wir nicht gerade erst Einschulung gefeiert? Und nun ist die 1. Klecker schon rum. BM hat ihr erstes "richtiges" Zeugnis bekommen; und die wichtigste Frage, die uns zur Zeit beschäftigt, ist, ob sie denn nun jetzt schon oder erst nach den großen Ferien eine Zweitklässlerin ist.

Für BM war es ein ziemlich anstrengendes Jahr. Die ersten Monate machte ihr vor allem das neue soziale Gefüge zu schaffen. Unsere Kinder gehen/gingen ja in eine recht kleine Kita, wo jeder jeden kennt und BM einen festen Platz hatte. Sie ist auch keineswegs besonders schüchtern, im Gegenteil, ich staune immer wieder, wie schnell sie Anschluss findet. In der Schule fiel ihr das aber wirklich schwer.

Monatelang war sie jeden Abend traurig, weil sie "von den anderen Kindern ausgeschlossen wurde". Egal, was man über den Schultag fragte, sie wollte eigentlich gar nicht erzählen, sondern sagte immer nur, dass sie wieder traurig gewesen sei.  Viele  Kinder hatten aber scheinbar feste Freunde mitgebracht bzw. hielten an ihren alten Kita-Freunden/Bekannten sehr fest. BM hingegen hatte einen solchen Anker leider nicht. Mit dem einzigen Mädchen, dass aus ihrer Kita mitgekommen war, war sie schon seit einem Jahr nicht nicht mehr richtig fest befreundet (obwohl die beiden früher total dicke waren).

Mein Mamaherz blutete, ich hatte irgendwie erwartet, dass BM richtig viel Spaß in der Schule haben würde und ganz schnell Freunde finden würde. Aber wenn oft so traurig ist, und außerdem noch eines der jüngsten Kinder mit einem riesigen Bewegungsdrang, macht die Schule wohl nicht besonders viel Spaß.

Sowohl BMs Lehrerin als auch ihre Erzieherin sind richtig toll und gehen super auf die Kinder ein. Wir führten mehrere Gespräche mit beiden, wodurch die Situation ein bisschen relativiert wurde: Tatsächlich hatten beide von Anfang an den Eindruck, dass BM immer mittendrin war. Sie machte bei allen Aktivitäten freudig mit und hatte schnell guten Anschluss an alle Kinder. Nur eben keine beste Freundin. BM ist sensibler als wir es vielleicht gedacht hätten: Sie nimmt es sich eben sehr zu Herzen, wenn sie beim Schuhe anziehen die letzte ist und dann alle anderen Kinder sich schon auf dem großen Hof verteilt haben. In der Kita hat sie gern den Ton angegeben (bis im letzten Schuljahr zwei zurückgestellte Mädels die Führung übernahmen), in der Schule ist sie einen Kopf kleiner als viele Mitschüler und musste sich plötzlich einen neuen Stand zwischen 23 anderen Kindern schaffen.

Die Erzieherin berichtete auch, dass wenn BM sich in den Kopf setzte, mit einem bestimmten Mädchen zu spielen, sie dann traurig war, wenn dieses nicht wollte, auch wenn gleichzeitig mehrere andere Kinder sich zum Spielen anboten.  Da kam sie dann manchmal nicht aus ihrer Rolle heraus. Dennoch: Es machte mich unendlich traurig, wenn BM in der Schule oder Abends weinen musste. Wie auch immer die Situation von außen aussah - für sie war es eben wirklich schlimm.

Lehrerin und Erzieherin nahmen BMs Problem ernst und halfen ihr. Wenn sie traurig war, fragten sie in die Runde, wer denn mit BM spielen wolle - woraufhin immer viele Hände hochgingen. Sie sprachen oft mit der Klasse über Teamgeist und Kameradschaft und dass sie alle zusammen halten sollten.

Ob es diese Bemühungen waren oder die ersten Lernerfolge oder einfach die Zeit, vielleicht auch die Kombination: Irgendwann zwischen Winter- und Osterferien legte sich bei BM ein Schalter um.

Unser großes Mädchen ist nun viel ausgeglichener und fröhlicher. Sie erzählt zwar immer noch nicht allzu viel von der Schule, und wenn sie es sich aussuchen könnte, hätte sie wohl am liebsten immer Ferien, aber Schule scheint nun immerhin okay zu sein.

In diesem einen Schuljahr ist BM so selbständig und reif geworden. Ihr sowieso schon nie versiegender Redefluss hat einen völlig neuen Wortschatz aufgenommen. Bislang hauptsächlich "Lehrerformulierungen", aber neulich bekam sie ein Donnerwetter von mir, weil ich hörte wie sie zu ihrer kleinen Schwester "Halt doch die Schnauze" sagte. Wir werden das ja nicht verhindern können, aber bei uns zu Hause wird so jedenfalls nicht gesprochen.

Am Mittwoch gab es nun also die ersten Giftblätter. BM bettelte mich morgens noch an, dass ich ihr eine Zange mitgeben solle, weil sie meine Erzählungen von meinen Zeugnisausgaben so lustig fand. Ich überzeugte sie jedoch, dass ich die Zange auch erst viel später benutzt hatte und sie noch viel Jahre warten müsse, bis sie das auch tun könne.

In der 3. Stunde war es soweit. R. und ich waren mit einigen anderen Eltern in die Schule gekommen, so dass wir bei der Zeugnisübergabe dabei sein konnten. Zuerst sangen die Kinder das Lied vom Gummibären - dann hatten wir also mal wieder ein paar Stunden lang diesen Ohrwurm. Es war aber toll zusehen, wie lieb alle dasaßen, mitsangen und an denselben Stellen schmunzeln mussten, obwohl sie das Lied sicher schon hundertmal gesungen haben. Die Lehrerin war toll wie immer. Nacheinander rief sie jeweils einen Jungen und ein Mädchen nach vorn und hatte für jedes Kind einige sehr persönliche Worte. Zum Zeugnis gab es dann von der Erzieherin noch jeweils ein kleines Tütchen mit einem Pixiebuch, Bleistift und Notizblock.

Als BM an der Reihe war, lobte die Lehrerin, dass sie das ganze Jahr so fleißig und lieb gewesen sei. Sie erwähnte noch, dass BM nach ihrer Polypen-OP ganz schnell wieder reingekommen ist und es kaum aufgefallen sei, dass sie zwischendurch weg war. BM war vorn ganz schön aufgeregt. Danach sagte sie noch, dass sie froh war, dass sie selbst nichts sagen musste. Ja, Dankesreden haben wohl auch noch etwas Zeit. Wie die meisten Kinder interessierte sich BM Null für das Zeugnis, sondern wollte erstmal das kleine Geschenk auspacken. Erst als wir ein paar Stunden später schon im Urlaub waren, wollte sie es sich kurz mit mir ansehen... aber wirklich nur kurz.


BM liest schon richtig gut, und ich glaube, es macht ihr richtig Spaß, die Welt um sie herum so zu erschließen. Sie liest so im Vorbeigehen lange Straßennamen und Begriffe, aber bei den Hausaufgaben muss ich sie noch oft daran erinnern, dass sie die Aufgabenstellung doch selbst lesen kann und mich nicht dazu braucht. Gelegentlich liest sie ihrer kleinen Schwester aus deren Bilderbüchern vor - mittlerweile auch schon so flüssig, dass Zwee sitzen bleibt und zuhört.

BM rechnet auch sehr gern und sicher bis 20. Zuletzt hat die Klasse mit Geld gerechnet, was ihr großen Spaß gemacht hat. Mein Eindruck ist, wenn sie sich noch etwas Zeit nehmen würde, neue Aufgaben richtig zu verstehen, könnte sie richtig gut in Mathe sein. So müssen wir oft einige Aufgaben im Matheheft noch einmal wegradieren und nacharbeiten, weil sie an der Aufgabe vorbei gerechnet hat.

Die beste Beurteilung bekam BM in Sachkunde. Seltsamerweise ein Fach, über das sie nie etwas zu Hause erzählt. Da gibt es auch nur selten Hausaufgaben auf, so dass ich kaum ein Gefühl dafür habe, was sie da eigentlich machen. Allerdings wundert es mich nicht, dass sie darin gut ist: Die Lehrer der Familie und auch ihre Kitaerzieherinnen haben immer gesagt, dass BM sehr vielseitig interessiert ist und ein richtig gutes Allgemeinwissen hat.

Direkt nach der Zeugnisgabe holten wir noch schnell Zwee aus der Kita ab und fuhren in einen kleinen Ferienauftakturlaub an den Bernsteinsee... aber nicht bevor BM auch von uns ein kleines Geschenk für das geschaffte Schuljahr und das schöne Zeugnis bekommen hatte:


Zur Zeit ist BM ja glühender My-little-Pony-Fan. Und niemand sagt so niedlich lispelnd "Prinzessin Twighlight Sparkle" wie mein zahnlückiges Mädchen. (Seit sie weiß wie süß ich das finde, kommt sie manchmal in einem Anflug von Liebe zu mir und flüstert es mir ins Ohr, um mir eine Freude zu machen. ) Darum hat sie eben diese nun auch zum Spielen bekommen. Auf dem Foto haben Twighlight und Apple Jack übrigens Taschentuchkleider an, weil sie heiraten.

Mein liebes großes Mädchen, ich wünsche dir wundervolle Ferien, damit du ordentlich Energie auftanken kannst bevor es im September weitergeht. Und wenn ich noch einen Wunsch offen habe, wünsche ich mir, dass die Schule dir bald so richtig Spaß macht. Das Schule-doof-finden hat wirklich noch ein paar Jahre Zeit!

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